
Hoftötungen: In der Schweiz ein Nischenmarkt (Bild: pixabay / francescopitarresi)
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Hoftötungen in der Schweiz: Eine stressfreie Alternative für Tiere und Landwirtschaftsbetriebe
In der Schweiz setzen rund 250 landwirtschaftliche Betriebe auf eine alternative Methode der Schlachtung: Sie töten ihre Nutztiere direkt auf dem Hof statt sie in einen Schlachthof zu transportieren. Diese Praxis, die seit 2020 gesetzlich erlaubt ist, gewinnt in der Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Besonders im Bereich Tierwohl, Nachhaltigkeit und Fleischqualität spielen Hof- und Weidetötungen eine zentrale Rolle.
Seit der Legalisierung von Hoftötungen hat sich ein kleiner, aber bedeutender Markt entwickelt. Laut dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) sind jedoch keine genauen Zahlen über die Anzahl der Betriebe bekannt, die diese Praxis durchführen. Schätzungen gehen von rund 250 Höfen aus, wobei nur sehr wenige Tiere direkt auf der Weide getötet werden – die Zahl dieser Fälle liegt bei unter zwanzig. Der Trend geht hin zu spezialisierten Dienstleistern, die sich um die komplette Durchführung kümmern, von der Betäubung über das Entbluten bis hin zum Transport des Schlachtkörpers zum Schlachtbetrieb.
Tierwohl und Stressminimierung im Mittelpunkt
Ein Pionier auf diesem Gebiet ist der Oberaargauer Andreas Hirschi, der mit seiner mobilen Schlachteinheit Hoftötungen anbietet. Am Tag der Schlachtung wird das Rind mit Futter angelockt und in einem Selbstfanggitter fixiert, das viele Tiere bereits von der täglichen Fütterung kennen. Diese Methode sorgt dafür, dass das Tier nicht unnötig gestresst wird. Auch die Platzhirsch Hofschlachtung GmbH aus Lützelflüh, arbeitet mit dieser Methode. neo1 konnte bereits bei beiden Firmen bei Hofschlachtungen dabei sein. (siehe verwandte Beiträge)
Die Tötung erfolgt mit einem Bolzenschuss bei Rindern und einem Stromschlag bei Schweinen, bevor das Entbluten binnen weniger Minuten erfolgt – eine schnelle, effiziente und tierschutzgerechte Methode. Das entblutete Tier wird danach zu einem nahegelegenen Schlachtbetrieb transportiert, wo die Weiterverarbeitung stattfindet.
Hoftötung: Eine genehmigungspflichtige Praxis
Die Durchführung einer Hoftötung ist jedoch nicht ganz unkompliziert. Betriebe müssen eine spezielle Bewilligung von den kantonalen Behörden einholen. Auch die logistische Umsetzung stellt Anforderungen: Der Schlachtkörper muss innerhalb von maximal 90 Minuten nach der Betäubung in einem Schlachtbetrieb ankommen und weiterverarbeitet werden. Anfangs lag die Zeitgrenze bei nur 45 Minuten, die jetzt jedoch auf 90 Minuten erhöht wurde – eine Anpassung, die es auch abgelegenen Betrieben ermöglicht, Hoftötungen durchzuführen.
Herausforderungen für den Absatzmarkt
Trotz des wachsenden Interesses bleibt der Markt für Hoftötungen überschaubar. Der Hauptabsatz erfolgt über Direktvermarktung – das Fleisch wird direkt vom Hof an Konsumenten verkauft. Größere Absatzkanäle wie Supermärkte oder Gastronomiebetriebe nehmen diese Produkte bislang nur selten auf. Auch ein spezielles Label für Hoftötungsfleisch existiert noch nicht. Obwohl bereits zahlreiche Labels im Bereich der Tierhaltung wie Bio Suisse und IP-Suisse existieren, wäre die Ausweisung der Art der Schlachtung als weiteres Label zu aufwändig.
Tierwohl als Verkaufsargument
Die Unterstützung von Organisationen wie KAG Freiland, die das Projekt "Lebwohl" ins Leben gerufen haben, zeigt, dass Hoftötungen als eine tierschutzfreundlichere Alternative zur industriellen Schlachtung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Hoftötungen vermeiden den stressigen Transport der Tiere, der in großen Schlachthöfen oft zu einer Belastung für die Tiere führt und sich negativ auf die Fleischqualität auswirken kann. Studien, darunter eine von Agroscope aus dem Jahr 2018, bestätigen, dass Stresshormone im Blut das Fleisch negativ beeinflussen können.
Die Konsumenten, die direkt vom Hof kaufen, legen großen Wert auf Tierwohl und sind auch bereit, für die schonende Schlachtung einen höheren Preis zu zahlen. Doch auch in diesem Markt hat die Wirtschaftslage nach der Pandemie und den weltweiten Krisen wie dem Ukrainekrieg und der Energiekrise ihre Spuren hinterlassen – viele Konsumenten sind sparsamer geworden.
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