
Die Gemeinde kam wegen Veruntreuung in arge Schieflage. (Bild: Gemeinde Wynau)
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Ein Vergleich mit der Versicherung ist für Wynau die beste Lösung
Vor 12 Jahren hat der damalige Gemeindeschreiber von Wynau 1.3 Millionen Franken veruntreut. Nun zeichnet sich, nach anfänglich erheblichen Diskrepanzen, ein versöhnliches Ende des Kampfes um Schadenersatz ab.
635’000 Franken. Also für die Hälfte der effektiven Schadensumme, wollte der Wynauer Gemeinderat die Axa Winterthur haftbar machen. Er liess sich dafür 2020 von den Stimmberechtigten gar ermächtigen, vor Gericht zu ziehen. Denn der Versicherer seiner früheren Revisionsstelle zeigte sich bis zu diesem Zeitpunkt alles andere als entgegenkommend. 50’000 Franken hatte er der Gemeinde einmal angeboten. Ein Vergleichsangebot, auf das man in Wynau aber keinesfalls einzutreten bereit war, schreibt die Berner Zeitung in der heutigen Ausgabe.
Immerhin hatten die Machenschaften des ehemaligen Gemeindeschreibers im Dorf ganz am Rand des Kantons Bern unter dem Strich einen weitaus grösseren Schaden hinterlassen. Insgesamt 1,3 Millionen Franken hatte der langjährige Verwaltungsangestellte während rund zehn Jahren in die eigene Tasche abgezweigt, ehe er 2009 schliesslich aufflog.
Gemeindepräsident Christian Kölliker sagt: "Es liegt auf der Hand, dass die erst 2003 eingesetzte Revisionsstelle nicht für den gesamten Betrag zur Verantwortung gezogen werden darf". Man habe aber natürlich gehofft, vom Versicherer des ehemaligen Rechnungsprüfungsorgans doch das Maximum jener Schadenssumme zurückzuerhalten, das nach Auffassung der Gemeinde in dessen Verantwortung gelegen hatte.
Kein Prozess
Zum Prozess gegen die Axa Winterthur wird es nun aber voraussichtlich nicht kommen. Bereits im Juni gab der Gemeinderat an der Gemeindeversammlung bekannt, dass der Versicherer sich inzwischen zu Verhandlungen bereit erklärt habe. Und tatsächlich sind sich die Parteien jetzt einig geworden.
Von den erhofften 635’000 Franken liegt der Vergleichsvorschlag der Axa Winterthur zwar weit entfernt. Auf 350’000 Franken beläuft sich dieser, wie einer Publikation im aktuellen Anzeiger zu entnehmen ist. Der Gemeinderat informiert dort über die Möglichkeit, gegen den Vergleich das Referendum zu ergreifen.
"Wir haben von den Stimmberechtigten die Legitimation für die Prozessführung eingeholt", erklärt Gemeindepräsident Kölliker. Die vom Gemeinderat beschlossene Annahme des Vergleichsangebots sei insofern ein Einnahmeverzicht. Weshalb der Beschluss eben dem fakultativen Referendum unterliegt.
51 Stimmberechtigte müssten sich dagegen wehren, damit das Referendum zustande kommt. Dann müsste der Gemeinderat doch vor Gericht ziehen. Ein Szenario, von dem Christian Kölliker Stand heute aber nicht ausgeht.
"Im öffentlichen Recht liegt leider kein vergleichbarer Fall vor", erklärt er gegenüber der Berner Zeitung. "Betrachtet man ähnliche Fälle im privatrechtlichen Bereich, steht der Gemeinderat mit dem angenommenen Vergleich aber nicht schlecht da".
Der Gemeinderat gehe davon aus, dass ein Gericht zu einem ähnlichen Urteil käme. "Natürlich wäre mehr besser gewesen", sagt Kölliker. Man habe aber irgendwann auch einfach eine Nutzen-Risiko-Analyse machen müssen. Zumal ein Prozess auch immer Risiken berge. (Berner Zeitung BZ)
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